Samstag, 2. Oktober 2010
Gedanken zu S21
Ob das Umsteigen in Stuttgart künftig für Otto Normalverbraucher etwas schneller geht oder nicht -Der neue Stuttgarter Bahnhof soll mal in erster Linie den Standort Deutschland, bzw. das Staatsunternehmen (!) Deutsche Bahn AG stärken.
Außer dem Personentransport gehört auch der ebenso wichtige Güterverkehr (DB Schenker) zu seinem Geschäft. Je schneller also der Transport von Mensch und Material vonstatten geht, desto rentabler ist er für den Konzern.

Der beschränkt seine Geschäfte auch längst nicht mehr nur auf Deutschland sondern mischt international kräftig mit (Stichwort DB + Saudi Arabien, einfach mal googlen).

Zitat Mehdorn aus einer Image-Broschüre:

"Die DB hat sich in den vergangenen Jahren enorm gewandelt. Sie ist Teil der Globalisierung mit all ihren Chancen und Herausforderungen."

Als Global Player hat man natürlich eine ganz andere Perspektive, der Druck in der internationalen Konkurrenz gebietet förmlich den Bau eines zeitgemäßen Bahnhofs in einer so wichtigen Metropole wie Stuttgart.

Aber ob hinter dem Projekt nun Prestigesucht oder wirtschaftliches Kalkül steckt - eins ist sicher:

Wie immer geht es um große kapitalistische Interessen, die hier durchgesetzt werden sollen.
Wenn dadurch das Wohlbefinden einiger Bürger gestört wird, ist das von untergeordnetem Interesse.

Ein Argument für den Bau ist, nicht überraschend, wieder einmal das allseits bewährte Druckmittel Arbeitsplätze.
Schon lustig: Genau die Leute, die sonst ohne mit der Wimper zu zucken ein Heer von Angestellten in die Arbeitslosigkeit->Armut schicken präsentieren sich in solchen Situationen gern als Verteidiger der Arbeiter und machen nur zu gern Reklame mit all den schönen Arbeitsplätzen die geschaffen werden sollen.

Daß die Stuttgarter Protestler nun ausgerechnet von der politischen Obrigkeit Hilfe und ein offenes Ohr erwarten zeigt wieder einmal was für eine Untertanen-Mentalität in unserer hochgelobten Demokratie herrscht.

Auf wessen Seite die Staatsmacht in dieser Frage steht lässt sich nämlich ganz einfach daran erkennen, daß die Polizei in ihrer Funktion als Staats-Gewalt eben nicht die Führungskräfte der Deutschen Bahn verprügelt ...

Und natürlich sind alle Parteien mit von der langweiligen Partie - wenn die träge Masse Volk schon mal demonstrierend auf die Straße schwappt!
Man muß schließlich an die nächsten Wahlen denken.

Und natürlich wird sich wieder einmal kaum einer der Protestler fragen, wie er eigentlich sein rosarotes Bild von Einigkeit und Recht und Freiheit mit dieser harten Realität des Kapitalismus in Einklang bringen soll: daß man halt noch so ein braver Steuerzahler sein kann - sobald man sich dem Wachstum unserer Nation in den Weg stellt bekommt Mensch eins auf die Nuss (denn dieses ist eben nicht für die Menschen da, sondern umgekehrt), da kennt Vater Staat nix!

Daß es Pro- und Contra-Demonstranten gibt, die sich anfeinden ist auch nicht weiter überraschend.
So weit geht nämlich die Identifikation des bürgerlichen Individuums mit seinem Deutschland und seinen Landsleuten nicht, daß man über so ein persönliches Thema wie den Bau eines neuen Bahnhofs friedlich hinwegsehen könnte.

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Donnerstag, 12. August 2010
Meinungsfreiheit - so what?
Niemand käme auf die Idee, sich beim Staat zu bedanken dass er atmen darf.
Aber sobald es um die Meinungs- und Pressefreiheit geht kriegt sich der brave Staatsbürger gar nicht mehr ein vor Dankbarkeit gegenüber der höheren Gewalt und pocht vehement darauf, dass diese ein heh'res, mit allen Mitteln zu verteidigendes (und in aller Welt zu verbreitendes) Ideal sei.
Es ist eine befremdliche und zutiefst untertänige Haltung die sich da zeigt in dieser Dankbarkeit gegenüber der Gewaltinstanz angesichts deren Verzicht eines Verbots oder einer Beschränkung des menschlichen Drangs nach Äußerung von Kritik oder Wünschen.
Dabei ist in diesem Recht nicht einmal inbegriffen, daß diese Äußerungen erhört werden oder irgendeine Folge haben müssen.
Beispielhaft dafür steht auch das politische Kabarett. Selbst wenn ein Kabarettist in seiner Kritik einmal schärfer wird, das Publikum lacht und klatscht und geht beruhigt nach Hause, mit dem guten Gefühl daß trotz aller (halt unabänderlichen) Übel immerhin die Meinungsfreiheit noch immer intakt sei.

Der Hofnarr durfte sagen was er wollte, nicht obwohl sondern weil er machtlos war und dem König auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Hätte sich der Hofstaat, statt zu lachen gegen den König gestellt wäre es schnell aus gewesen mit der Freiheit des Narren.

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Donnerstag, 22. Juli 2010
Ein Brief
Liebe Arme dieser Welt!
Ihr tut uns echt leid. Ehrlich, die Bilder von eurem Leid sind für uns erstmal nicht so leicht zu verdauen. Aber um mal ganz ehrlich zu sein geht ihr uns auch ein Stück am Arsch vorbei. Wir haben schließlich auch Probleme!
Wenn ihr wüßtet wieviel Verantwortung Besitz bedeutet. Und trotz aller Schattenseiten hat so ein einfaches Leben ja auch was: Wir fahren immer mal wieder in Abenteuerurlaub und wissen also wovon wir sprechen.
Es gibt auch keinen Grund sauer zu sein: Wir schicken euch doch immer wieder Unmengen von Kies. Schon seit ner halben Ewigkeit, wenn man mal überlegt! Wir verstehen auch gar nicht warum ihr immer noch so arm seid. Vielleicht weil bei euch alles noch so primitiv und korrupt ist.
Schaut, vielleicht ist es euch als Kolonien ja doch besser gegangen, da konnten wir ein bisschen auf euch aufpassen. Spass. Nur Spass!
Aber ernsthaft: So langsam solltet ihr lernen, besser mit Geld umzugehen. Dann kommt die Ordnung im Staat schon von ganz alleine. Auch für den Tourismus wäre das besser. Wir haben nämlich keine große Lust in eure eigentlich recht hübschen Elendsländer zu reisen, nur um dann von euren Kriminellen ausgeraubt zu werden.
Prinzipiell stört uns nichts daran, daß ihr arm seit. Ist euer gutes Recht. Und letztendlich ist die Welt kein Ponyhof. Ihr habt es vielleicht noch nicht mitgekriegt, aber alle Staaten befinden sich in harter Konkurrenz zueinander. Und wo Gewinn gemacht wird muß es auch Verlierer geben. Und ihr seid es ja gewohnt - für uns wäre Armut eine unzumutbare Umstellung.
Ihr müsst also nicht gleich zu ersthaften Konkurrenten werden. Versuchts und wir werden euch auseinandernehmen, einfach so, schnipps.
Dafür ist es zu schön, reich zu sein.
Sorry, aber da hört die Freundschaft auf. Das wars auch schon, was wir mal gesagt haben wollten. Wir schicken dann bald wieder Entwicklungshilfe, macht was draus. Geht zur Schule, investiert, macht was aus eurem Leben. Vielleicht kommen wir ja mal vorbei und schenken euren Babies eine bessere Zukunft.
Wir machen hier jedenfalls weiter wie bisher und tun unser bestes nicht zu oft an euch zu denken. Wie gesagt, eure Armut ist ästhetisch nicht besonders ansprechend. Es sei denn natürlich es gibt mal wieder ein Erdbeben oder eine Überflutung. Das ist nämlich eine Tragödie, da helfen wir doch gern und legen sogar Schweigeminuten für die Opfer ein (vorausgesetzt es waren ein paar von uns dabei).

Machts gut!
die erste Welt

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